Die Situation, die Sie beschreiben, ist tricky und gar nicht so überraschend. Denn erst seit wenigen Jahren nimmt die Ausschreibung von Tenure-Positionen stetig zu, viele Berufungskommission sind daher mit den Auswahlverfahren noch nicht sehr vertraut.
Es fehlen Routinen, wie diejenigen für die Liste ausgewählt werden können, in denen das größte „W3-Potenzial“ steckt.
So hat man Sie vielleicht gefragt, wie ein größerer Forschungsverbund beantragt, ein Institut gegründet oder gar die Zukunft eines ganzen Faches mit in den Blick genommen werden kann. Alles sehr legitime Fragen für eine W3-Stelle, aber für den Start einer W1-Stelle vielleicht doch schon recht herausfordernd.
Zudem gibt es bisweilen auch noch Kommissionsmitglieder, die mit der Umwidmung von Vollprofessuren in Tenure-Positionen grundsätzlich nicht einverstanden sind und diese Haltung in Auswahlprozesse einfließen lassen.
Vielleicht hatte der eine oder die andere für die Stelle sogar eine konkrete andere Person im Kopf, die sehr gut ausgewiesen ist, aber sich aufgrund der „niedrigeren“ Einstellungskriterien nicht mehr auf die Tenure-Track-Stelle bewerben durfte.
Und der Ärger, dass das nicht möglich war, mag sich unberechtigterweise auf Sie übertragen und in Anforderungen gemündet haben, die Sie faktisch noch nicht erfüllen können.
Zum Beispiel indem Sie sich für den Aufbau der Lehre noch intensiver der eigenen hochschuldidaktischen Weiterbildung zu widmen.
Welche Projekte planen Sie, welche Kooperationen und Finanzierungen streben Sie an? Formulieren Sie realistische, durchaus ambitionierte Ziele, die gut anschlussfähig an den neuen Standort sind. Und soweit möglich, denken Sie über die ersten drei Jahre hinaus und zeigen, wofür die Professur auch längerfristig stehen soll. So entsteht ein konkretes Bild, wie Sie die neue Rolle ausfüllen werden.
W3-Fragen zu bekommen bedeutet, dass man/frau Sie sich vorstellen kann auf einer W3-Position.
Auch als Professor brauchen Sie eine gute Lösungsfähigkeit bei aufkommenden Problemen.Zeigen Sie also, wie Sie vorgehen werden, um die Antwort zu finden. So geben Sie Einblick in Ihre Art zu denken und schaffen Vertrauen.
Ich wünsche Ihnen viel Gelassenheit bei herausfordernden Fragen und natürlich Erfolg für die nächste Bewerbung!
Franziska Jantzen ist Coach und Karriereberaterin im Wissenschaftsbereich. Sie informiert auf „Vorsingen, dem Blog für die letzten 100 Meter auf dem Marathon zur Professur“ über die Fallstricke von Berufungsverfahren. In ZEIT WISSEN3 berät sie die Scientific Community als "Dr. acad. Sommer".
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27.03.2023
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